Deutsche Fußballmeisterschaft 1921/22

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Deutsche Fußballmeisterschaft 1921/22
Abgebildet ist das Logo des Deutschen Fußball-Bundes von 1900 – 1945. Es stellt einen Freis dar, der in blau und gold gehalten ist. Am äußeren Rand wird der Schriftzug DEUTSCHER-FUSSBALL-BUND im Kreis geführt. In der Mitte befindet sich die Abkürzung "DFB": Jeder Buchstabe in einer anderen Farbe, weiß schwarz und rot.
Meister kein Meister[1]
Mannschaften 8
Spiele 8
Tore 25 (ø 3,13 pro Spiel)
Torschützenkönig Deutsches Reich Hans Semmler (3 Tore)
Deutsche Meisterschaft 1920/21

Das Ergebnis der fünfzehnten deutschen Fußballmeisterschaft ist bis heute umstritten. In den meisten Quellen wird kein deutscher Meister für dieses Jahr ausgewiesen, einige wenige führen den Hamburger SV als Titelträger an. Offiziell hatte der DFB seinerzeit beschlossen, die Meisterschaft 1922 „in Fortfall kommen“ zu lassen.[2] Auf der Deutschen Meisterschale sind für die umstrittene Fußballmeisterschaft 1921/22 sowohl der 1. FC Nürnberg als auch der Hamburger SV als Meister eingraviert.

Parallel zur DFB-Meisterschaft richtete auch der Arbeiter-Turn- und Sportbund 1922 wieder eine deutsche Fußballmeisterschaft aus, deren Sieger der VfL Leipzig-Stötteritz dabei erfolgreich seinen Titel verteidigte. Die Deutsche Jugendkraft spielte hingegen in diesem Jahr keinen Fußballmeister aus.

Verlauf und Ausgang

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Meisterschaftsendrunde 1921/22 war von einer Reihe von Protesten und Skandalen geprägt, die schließlich darin gipfelten, dass in dieser Spielzeit keine endgültige Entscheidung über den Ausgang der Meisterschaft getroffen wurde.

In Nordostdeutschland hatte das Prozedere um den Teilnehmer an der Endrunde bereits Tradition. Wieder nahm mit dem FC Titania Stettin eine Mannschaft an der Meisterschaftsendrunde teil, die zum Zeitpunkt des Endrundenbeginns als Nordostdeutscher Meister galt, doch am Ende ging der Regionaltitel am grünen Tisch wieder an den VfB Königsberg.

Auch der südostdeutsche Vertreter war am Ende nicht der Südostdeutsche Meister. Hier lagen am Ende der regionalen Meisterschaftsendrunde punktgleich der FC Viktoria Forst, die Vereinigten Breslauer Sportfreunde und der FC Preußen Kattowitz vorne. Die eigentlichen vorgesehenen Entscheidungsspiele um die südostdeutsche Meisterschaft konnten vorerst nicht stattfinden, da Kattowitz zwischenzeitlich an Polen fiel und dadurch die Kattowitzer Spieler Passschwierigkeiten hatten. Um dennoch einen Teilnehmer für die deutsche Meisterschaft schicken zu können, fand am 14. Mai 1922 ein Entscheidungsspiel zwischen dem FC Viktoria Forst und den Sportfreunden Breslau statt, welches die Forster mit 6:1 gewannen. In der dann Wochen später ausgetragenen eigentlichen Entscheidungsrunde um die südostdeutsche Meisterschaft setzten sich schließlich die Breslauer durch und wurden Regionalmeister. Die Meisterschaftsentscheidung hatte sich auch deshalb in die Länge gezogen, weil sie von zahlreichen Protesten und Gegenprotesten begleitet war.[3]

In Westdeutschland gab es in diesem Jahr ebenfalls einen Meister am grünen Tisch. Der Kölner BC 01 und die TG Arminia Bielefeld hatten die Regionalmeisterschaftsendrunde punktgleich auf Platz 1 beendet. Das erforderliche Entscheidungsspiel hatten die Kölner mit 2:1 gewonnen. Doch der Essener TB hatte gegen die Wertung seines Endrundenspieles gegen den KBC (2:2) Protest eingelegt und wurde hierin „uneigennützigerweise“ von Arminia Bielefeld unterstützt. Der WSV gab dem Protest nach und setzte das Spiel neu an. Der KBC weigerte sich anzutreten und wurde daraufhin vom Regionalverband zum Verlierer erklärt. Damit hatten die Kölner in der Endabrechnung einen Punkt weniger als die Arminen, das Entscheidungsspiel war damit ungültig und die Ostwestfalen wurden Westdeutscher Meister.

Im Endspiel um die deutsche Meisterschaft zwischen dem Titelverteidiger 1. FC Nürnberg und dem Hamburger SV fiel keine sportliche Entscheidung. Das erste Finalduell der beiden im Deutschen Stadion in Berlin wurde nach drei Stunden und neun Minuten (189 Minuten) Spielzeit wegen der einbrechenden Dunkelheit beim Stande von 2:2 um 21:02 Uhr auf Verlangen der Zuschauer abgebrochen, die „Aufhören!“ riefen, da sie kaum noch etwas sahen.[4]

Das Wiederholungsspiel im gerade fertiggestellten Probstheidaer Stadion in Leipzig, sieben Wochen später, sah nach regulärer Spielzeit immer noch keinen Sieger; es stand 1:1. Allerdings hatte der 1. FC Nürnberg zu diesem Zeitpunkt nur noch neun Spieler auf dem Platz; ein Platzverweis und ein verletzungsbedingter Ausfall waren dafür verantwortlich. Als in der Verlängerung der zweite Feldverweis für einen Nürnberger folgte und dann noch der FCN-Spieler Luitpold Popp als verletzt und spielunfähig gemeldet wurde, was die Mannschaft auf nunmehr sieben Spieler reduzierte, pfiff Schiedsrichter Peco Bauwens das Spiel zur zweiten Halbzeit der Verlängerung nicht mehr an. Wie sich später herausstellte, war das eine Fehlentscheidung des Unparteiischen. Laut Regelwerk „musste“ ein Spiel zwar abgebrochen werden, wenn eine Mannschaft weniger als acht Spieler auf das Spielfeld bringen konnte, jedoch hätte der Abbruch „nicht während der Pause“ erfolgen dürfen,[5] da diese gemäß Regel 5 nicht zum Spiel gehörte.

Der Deutsche Fußball-Bund erklärte auf seiner Jahrestagung im November noch mehrheitlich den HSV zum Deutschen Meister. Doch dieser verzichtete anschließend auf diesen Titel, wobei der Verein allerdings später behauptete, der DFB habe ihn zum Verzicht genötigt. Die tatsächlichen Hintergründe sind bis heute nicht bekannt.

Dabei konnten beide Finalisten nur aufgrund des Titelverteidiger-Bonus an dieser Meisterschaftsendrunde teilnehmen. Der 1. FC Nürnberg war zwar in der süddeutschen Endrunde frühzeitig am Lokalrivalen SpVgg Fürth gescheitert, aber als amtierender Deutscher Meister qualifiziert, und der Hamburger SV hatte in der Norddeutschen Liga (Alsterkreis) nur Rang drei belegt, durfte aber als amtierender Norddeutscher Meister an der Regionalendrunde teilnehmen und verteidigte dort erfolgreich seinen Titel.

Teilnehmer an der Endrunde

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Verein Qualifiziert als
FC Titania Stettin Vertreter des Baltischen Rasensport-Verbandes
FC Viktoria Forst Vertreter des Südostdeutschen Fußballverbandes
SV Norden-Nordwest Meister des Verbandes Brandenburger Ballspielvereine
SpVgg 1899 Leipzig-Lindenau Meister des Verbandes Mitteldeutscher Ballspielvereine
Hamburger SV Meister des Norddeutschen Fußballverbandes
TG Arminia Bielefeld Meister des Westdeutschen Spielverbandes
FC Wacker München Meister des Verbandes Süddeutscher Fußballvereine
1. FC Nürnberg Titelverteidiger
Datum Ergebnis Stadion
21. Mai 1922 SpVgg 1899 Leipzig-Lindenau 0:3 (0:0) 1. FC Nürnberg Halle (Saale), Stadion am Zoo
21. Mai 1922 SV Norden-Nordwest 98 Berlin 1:0 (0:0) FC Viktoria Forst Berlin, Viktoria-Platz
21. Mai 1922 Hamburger SV 5:0 (3:0) FC Titania Stettin Hamburg, Sportplatz Hoheluft
21. Mai 1922 FC Wacker München 5:0 (3:0) TG Arminia Bielefeld Karlsruhe, KFV-Platz an der Telegrafenkaserne
Datum Ergebnis Stadion
4. Juni 1922 1. FC Nürnberg 1:0 (1:0) SV Norden-Nordwest 98 Berlin Fürth, Ronhof
4. Juni 1922 Hamburger SV 4:0 (2:0) FC Wacker München Frankfurt am Main, Stadion am Riederwald
Paarung Hamburger SV Hamburger SV1. FC Nürnberg 1. FC Nürnberg
Ergebnis 2:2 n. V. (2:2, 1:2)
Datum 18. Juni 1922
Stadion Deutsches Stadion, Berlin
Zuschauer 30.000
Schiedsrichter Peco Bauwens (Köln)
Tore 1:0 Rave (19.)
1:1 Träg (20.)
1:2 Popp (30.)
2:2 Flohr (86.)
Hamburger SV Hans MartensAlbert Beier, Gustav SchmerbachHans Flohr, Asbjørn Halvorsen, Hans KrohnWalter Kolzen, Ludwig Breuel, Otto Harder, Karl Schneider, Hans Rave
Cheftrainer: A. W. Turner
1. FC Nürnberg Heinrich StuhlfauthGustav Bark, Michael GrünerwaldEmil Köpplinger, Anton Kugler, Carl RiegelWolfgang Strobel, Luitpold Popp, Willy Böß, Heinrich Träg, Hans Sutor
Cheftrainer: Izidor Kürschner
Besonderheiten Das Spiel wurde nach 189 Minuten wegen einbrechender Dunkelheit abgebrochen.

Sieben Wochen später fand das Wiederholungsspiel statt:

Paarung Hamburger SV Hamburger SV1. FC Nürnberg 1. FC Nürnberg
Ergebnis 1:1 n. V. (1:1, 0:0)
Datum 6. August 1922
Stadion VfB-Stadion, Leipzig
Zuschauer 50.000
Schiedsrichter Peco Bauwens (Köln)
Tore 0:1 Träg (48.)
1:1 Schneider (69.)
Hamburger SV Hans MartensAlbert Beier, Rudi AgteHans Flohr, Asbjørn Halvorsen, Hans KrohnWalter Kolzen, Ludwig Breuel, Otto Harder, Karl Schneider, Hans Rave
Cheftrainer: A. W. Turner
1. FC Nürnberg Heinrich StuhlfauthGustav Bark, Anton KuglerEmil Köpplinger, Carl Riegel, ReitzensteinWolfgang Strobel, Luitpold Popp, Willy Böß, Heinrich Träg, Hans Sutor
Cheftrainer: Izidor Kürschner
Platzverweise keineWilly Böß (18.), Heinrich Träg (100.)
Verletzt ausgeschieden Verletzt keineAnton Kugler, Luitpold Popp
Besonderheiten Das Spiel wurde in der Verlängerung nach dem Ausscheiden von Luitpold Popp abgebrochen, da dem 1. FC Nürnberg nur noch sieben anstatt der vorgeschriebenen acht Spieler zur Verfügung standen.

Der zum Meister erklärte Hamburger SV verzichtete auf den Titel.

Torschützenliste

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Spieler Verein Spiele Tore
1. Deutsches Reich Hans Semmler FC Wacker München 1 3
2. Deutsches Reich Karl Schneider Hamburger SV 3 3
3. Deutsches Reich Ludwig Breuel Hamburger SV 4 3
Deutsches Reich Otto Harder Hamburger SV 4 3
Deutsches Reich Luitpold Popp 1. FC Nürnberg 4 3
Deutsches Reich Heinrich Träg 1. FC Nürnberg 4 3

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Laut der Liste Deutsche Meister der Männer auf der Website des DFB; selbst der Hamburger SV gibt auf seiner Internetseite im historischen Bereich (Memento vom 25. April 2014 im Internet Archive) die Rückgabe des Meisterschaftstitels noch 1922 an.
  2. Zitiert nach HSV-Vereinsnachrichten, Jg. 1922.
  3. Südostdeutsche Meisterschaft 1922. Abgerufen am 4. Juni 2014.
  4. Christian Eichler: Hundert Jahre Zwietracht. Ausgeschlagene Zähne, heimtückische Fouls, ekstatische Massen: Warum das „ewige“ Finale um die deutsche Fußball-Meisterschaft 1922 nie einen Sieger fand. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6. August 2022, S. 32.
  5. Im Detail bei Jens Reimer Prüß: Der hat Lump zu mir gesagt. In: Verlängerung. Das andere Fußballmagazin. Nr. 1, o. J. (wohl 1994), S. 122 ff.